MEDIKAMENTÖSE KREBSTHERAPIE
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In keinem Bereich der Krebsbehandlung gibt es so viele Fortschritte wie in diesem Bereich. Mit dem Begriff der medikamentösen Krebstherapie. werden alle Möglichkeiten zusammengefasst, Krebserkrankungen mit Medikamenten zu behandeln – sei es als Infusion, als Tablette oder auch als Injektion. Dabei gibt es altbekannte, aber auch sehr neuartige Wirkungsmechanismen.
Zytostatische Chemotherapie
Das ist der Klassiker. Schon in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts hat man erkannt, dass ein Hauptmerkmal von Krebszellen darin besteht, dass sie sich unkontrolliert teilen und vermehren und so im Körper ausbreiten können. Mit der zytostatischen Chemotherapie wird daher die Zellteilung attackiert: mit ausgesuchten Zellgiften werden Krebszellen während der Zellteilung angegriffen und vernichtet. Mit diesem Ansatz kann man sehr viele Krebsarten behandeln. Einzelne Erkrankungen werden dadurch sogar geheilt, z.B. Hodentumore und Hodgkin-Lymphome oder die typische Leukämie im Kindesalter, die Akute Lymphatische Leukämie. Durch die Störung der Zellteilung entstehen die je nach Wirkstoff und -kombination sehr unterschiedlich stark ausgeprägten typischen Nebenwirkungen wie Störung der Blutbildung, Abwehrschwäche, Haarausfall und – heute nur noch selten! – Übelkeit und Erbrechen sowie Schleimhautschäden u.a. Die Chemotherapie ist nach wie vor eine wichtige Säule der Krebsbehandlung und wird bei vielen Erkrankungen erfolgreich angewendet.
Zielgerichtete Therapie
Im Verlauf der Forschung wurde klar, dass viele Krebszellen einen Wachstumsimpuls benötigen, um sich zu teilen. Dieser wird häufig durch sogenannte Wachstumsfaktoren vermittelt, die in unserem Organismus bei der Steuerung der Zellteilung eine tragende Rolle spielen. Diese docken an Eiweißstoffe auf der Zelloberfläche an, die wie ein Schalter fungieren: ‚an‘ Zellteilung, ‚aus‘ Stillstand oder sogar Selbstabbau der Tumorzellen.
Mit der zielgerichteten Therapie kann man hier eingreifen, eine weitere Säule der Krebstherapie. Es handelt sich bei diesen ‚Schaltern‘meist um sogenannte Tyrosinkinasen und die können seit dem Jahrhundertwechsel sehr zielgerichtet ‚aus‘ gestellt werden – durch Medikamente (Tyrosinkinase-Inhibitoren). Sie stehen in Tablettenform zur Verfügung. Wenn der Schalter, an den der Wachstumsfaktor andockt und ihn auf ‚an‘ stellt, durch Mutationen defekt ist und quasi immer auf ‚an‘ steht, können sich Tumorzellen ungebremst vermehren. Genau hier sind diese Medikamente am erfolgreichsten, z.B. bei der Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (CML) oder bei bestimmten Arten von Lungenkrebs und vielen anderen. Eine andere Möglichkeit ist es, die Wachstumsfaktoren oder ihre Empfänger mit monoklonalen Antikörpern zu attackieren. Dabei handelt es sich um Immunglobuline, also körpereigene Abwehrstoffe, die mit molekularbiologischen Methoden unbegrenzt vermehrt und dann als Infusion oder subkutane Injektion angewandt werden können. Sie haben die Behandlung von bösartigen Lymphomen revolutioniert und sind sehr effektiv z.B. bei der Therapie von Kopf-Hals-Tumoren, Darmkrebs und vielen anderen. Die Nebenwirkungen sind völlig anders als die der Chemotherapie. So kann es zu Hautausschlägen, Geschmacksveränderungen, Müdigkeit und Mattigkeit, Durchfall und vielen anderen Erscheinungen kommen; Störungen der Blutbildung oder Haarausfall treten aber praktisch nie auf.
Immuntherapie
Schon vor vielen Jahren haben Wissenschaftler beobachtet, dass in sehr seltenen Einzelfällen schwere Infektionen zur Heilung von Krebserkrankungen führen können. Das bedeutet, dass das durch die Infektion aktivierte Immunsystem sich gegen die Krebszellen wenden und diese sogar besiegen kann. Über viele Jahrzehnte hat man versucht, dieses Phänomen zur Behandlung zu nutzen. Am Anfang standen ungezielte Immunstimulatoren wie Mistel- oder Thymusextrakte. Im Verlauf wurden spezifische Stimulatoren identifiziert und verwendet, wie Interferone und Interleukine. Auch die Krebsimpfungen (Tumorvakzinen) gehören in diese Kategorie. Der Durchbruch ist aber erst seit 2010 mit der Immuncheckpointblockade gelungen, die eine weitere Säule der Krebsbehandlung darstellen. Durch ausdauernde Forschung wurde festgestellt, dass spezifische Immunzellen, die den Tumor angreifen könnten, mit Tumorzellen und anderen wichtigen Zellarten in sogenannten Checkpoints ‚sprechen‘ – und dann leider häufig abgeschaltet oder gar nicht erst aktiviert werden. Mit den Immuncheckpointinhibitoren kann man dies aufheben, indem die hemmenden Signale blockiert werden.
Das ist so, als wenn Sie beim Auto die Kupplung kommen lassen: erst dann fährt es los. Vorher können Sie auf’s Gas (beim Immunsystem) treten, soviel Sie wollen: der Motor heult zwar auf und macht Hitze und Lärm, der Wagen fährt aber nicht… Als Wirkstoffe werden spezifische monoklonale Antikörper verwendet. Die Nebenwirkungen sind völlig anders als bei allen anderen Medikamenten; es können nämlich Autoimmunphänomene ausgelöst werden. Das heißt, dass Immunzellen dann auch gesunde Zellen angreifen können, die durch die Immuncheckpoints bisher vom Körper geschützt wurden. Zum Glück tritt dies nicht oft auf, kann aber zu allen möglichen Problemen führen, je nachdem, welche Zellen im Körper betroffen sind: z.B. Durchfall, Hautausschlag, Leberschwäche oder -entzündung, sehr selten auch Herzentzündung oder Rhythmusstörungen und viele andere.
Komplementäre Therapie
Dabei handelt es sich um Behandlungsformen, die die eigentliche Krebstherapie unterstützen und den Körper vor vermeidbaren Nebenwirkungen schützen sollen. Vielen Wirkstoffen wird auch eine Anti-Krebs-Wirkung zugeschrieben, die sich aber in kontrollierten Untersuchungen nicht flächendeckend zeigen ließ. Von einigen Medikamenten ist aber bekannt, dass sie die Verträglichkeit von zytostatischer Chemotherapie verbessern und Mangelzuständen wirksam vorbeugen können. Zur komplementären Krebsbehandlung gehören Wirkstoffe wie Vitamine und Spurenelemente (z.B. Selen), Enzyme, Immunstimulantien wie Mistelextrakte u.a., aber auch sekundäre Pflanzenstoffe, die z.B. in Tomaten, Himbeeren, Kurkuma, manchen Pilzen und anderen vorkommen. Mit den bisher beschriebenen Behandlungsformen vertragen sie sich nicht immer! Einzelfallberatung ist notwendig.
Medikamentöse Krebstherapie
Die Medikamentöse Krebstherapie ist sehr vielfältig, wie Sie sehen. Und es gibt noch mehr, was hier aber nicht alles besprochen werden kann. Sie benötigen als Patient in jedem Fall einen erfahrenen Lotsen, der sich mit den Untiefen und Potentialen der Medikamentenvielfalt richtig gut auskennt und mit Ihnen die passende Kombination auswählt – einen Hämatologen und Internistischen Onkologen.
Die 3 Behandlungssäulen der allgemeinen Krebstherapie
Chirurgische Therapie
Bei vielen Tumorerkrankungen gilt die chirurgische Therapie nach wie vor als der „Goldstandard“ mit dem Ziel der Heilung des Patienten. Die Prognose bösartiger Erkrankungen hängt daher entscheidend von der Qualität des operativen Eingriffes ab.
Strahlentherapie
Häufig wird die Strahlentherapie als einzige Maßnahme durchgeführt, aber es gibt auch Krebserkrankungen, die weitere Maßnahmen erfordern, z. B. einen operativen Eingriff vor oder nach der Bestrahlung oder eine Chemotherapie vor, während oder nach der Bestrahlung.